Forschende des Fraunhofer ITEM sind mit toxikologischen Studien zu neuen nanopartikel-basierten Formulierungen an EU-Projekt beteiligt

EU-Projekt REGENERAR: 3 Millionen Euro für die Forschung zur Entwicklung innovativer Technologien zur Regeneration des Gehirns

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Mit dem Ziel, eine neue Technologie zur Regeneration des Gehirns zu entwickeln, startet am 22. März 2024 das EU-Projekt REGENERAR. Das Fraunhofer ITEM ist einer von insgesamt sieben Forschungspartnern, die unter der Leitung der Universität Coimbra mithilfe der neuen Technologie bessere Therapien für Patienten mit neurodegenerativen Erkrankungen oder Schlaganfall schaffen wollen.

© Fraunhofer ITEM
Das Team der Universität Coimbra (v. l. n. r.) Filipe Rodrigues, Lino Ferreira, Leiter des Konsortiums, Luís Estronca und Francesca Tomatis mit Gustav Bruer (2. v. r.), der das Team am Fraunhofer ITEM leitet.

In den nächsten vier Jahren wird ein europäisches Forschungskonsortium unter der Leitung der Universität Coimbra eine innovative Technologie entwickeln, die die Regeneration von Neuronen bei Krankheiten fördern könnte, für die es zurzeit nur begrenzte therapeutische Möglichkeiten gibt. Zu diesem Zweck werden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mithilfe epigenetischer Werkzeuge versuchen, die Gehirnzellen von Patienten in funktionelle Neuronen umzuwandeln. Diese Forschung könnte den Weg ebnen für eine bessere Behandlung von Gesundheitsproblemen wie Schlaganfall oder neurodegenerativen Erkrankungen, d. h. Krankheiten, die mit dem Nervensystem zusammenhängen, die Bewegung beeinträchtigen und den Verlust neurologischer Funktionen verursachen.

Das Forschungsprojekt wird mit rund drei Millionen Euro von der Europäischen Kommission finanziert, genauer gesagt vom Europäischen Innovationsrat im Rahmen des Programms Pathfinder Open, das interdisziplinäre Projekte finanziert, die die Türen zu innovativen technologischen Durchbrüchen öffnen. Geleitet wird das Projekt von Lino Ferreira, Wissenschaftler am Zentrum für Neurowissenschaft und Zellbiologie (CNC-UC) und am angeschlossenen Zentrum für Innovative Biomedizin und Biotechnologie (CIBB), der medizinischen Fakultät an der Universität Coimbra in Portugal.

Team des Fraunhofer ITEM wird toxikologische Studien durchführen

Im EU-Projekt REGENERAR – Verbesserung der Wirksamkeit und Sicherheit der epigenetischen Bearbeitung bei der Hirnregeneration – wird das Team des Fraunhofer ITEM unter der Leitung von Dr. Gustav Bruer toxikologische Studien für eine neue nanopartikel-basierte Formulierung durchführen, um erste Einschätzungen des toxikologischen Profils geben zu können. Dabei berücksichtigt werden sowohl Histopathologie, Neurotoxizität als auch Metabolismus.

Alternativen schaffen, um verloren gegangene Neuronen zu ersetzen

Generell zielt REGENERAR darauf ab, mithilfe epigenetischer Werkzeuge bestimmte Gehirnzellen in Neuronen umzuprogrammieren. Im Grunde wird das genutzt, was der menschliche Körper bereits hat, indem Zellen, die sich nach dem Krankheitsprozess vermehrt haben, manipuliert und in Nervenzellen umgewandelt werden, die für die Gehirnfunktion sehr wichtig sind. Im Fall der Pathologien, auf die sich diese Forschung konzentriert, erklärt Lino Ferreira: »Das zentrale Nervensystem verfügt nur über eine minimale Fähigkeit zur Selbstreparatur. Daher ist es notwendig, Alternativen zu schaffen, um Neuronen zu ersetzen, die infolge von Verletzungen verloren gegangen sind, beispielsweise durch Schlaganfälle oder neurodegenerative Erkrankungen.«

Bei einem Schlaganfall – von dem jedes Jahr weltweit mehr als 15 Millionen Menschen betroffen sind und der oft zu erheblichen Einschränkungen bei Routinetätigkeiten wie Gehen oder Sprechen führt – konzentrieren sich die derzeitigen Behandlungen auf die Wiederherstellung des Blutflusses, um die Gewebeschäden zu minimieren. Es gibt derzeit keine zugelassenen pharmakologischen Behandlungen, die die Reparatur des Gehirns fördern. Angesichts dieser therapeutischen Einschränkungen hofft das europäische Konsortium, einen neuen Weg für die Behandlung von Schlaganfällen und neurodegenerativen Erkrankungen zu schaffen, indem es im Labor eine Nanopartikelformulierung entwickelt, die in Zukunft in der klinischen Praxis eingesetzt werden könnte. »Dieses Projekt stützt sich auf die große Erfahrung der Universität Coimbra und insbesondere der Gruppe für neuartige Therapien, die der medizinischen Fakultät und dem CNC-UC/CIBB angegliedert ist, bei der Entwicklung neuartiger Formulierungen für die Behandlung von Hirnerkrankungen«, erklärt der Forschungsleiter. Im Rahmen von REGENERAR wird das Team mehrere strenge Sicherheitstests mithilfe von In-vitro-Modellen sowie toxikologischen In-vivo-Studien in Übereinstimmung mit der guten Laborpraxis durchführen, um die Wirksamkeit der epigenetischen Reprogrammierung für den klinischen Einsatz zu analysieren. Die Forschenden hoffen, dass diese neue Technologie bis Februar 2028 im Labor validiert werden kann.

Sechs Partner bündeln ihre Expertise

Partner in dem Projekt sind sechs akademische und industrielle Einrichtungen: die Universität Coimbra (Portugal), das Helmholtz-Zentrum in München, das Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin in Hannover, Single AB (Schweden), das Pharmaunternehmen Hovione Farmaciência SA (Portugal) und Sociedade Portuguesa de Inovação (Portugal). Gleichzeitig werden auch nationale und europäische Gesundheitsorganisationen und Patientenverbände in das Projekt einbezogen, um eine Strategie für die künftige Umsetzung dieser innovativen Technologie in die klinische Praxis zu entwickeln.