Prognose: Die europäische Medizinprodukteverordnung führt unter anderem zu einer Verringerung von Forschungsbudgets und einer signifikanten Preissteigerung der Endprodukte
Prof. Theodor Doll, Leiter des Fraunhofer-Leistungszentrums Translationale Medizintechnik: »Durch die europäische Medizinprodukteverordnung erfährt die Medizinproduktebranche deutliche Einschränkungen in ihrer Flexibilität und Innovationskraft!«
Prof. Norbert Krug, Institutsleiter des Fraunhofer ITEM, durfte im Namen des Fraunhofer-Leistungszentrums Translationale Medizintechnik, der VDE DGBMT und der BVMed etwa 60 Vertreter der Medizintechnikbranche zu dem Thema »Mit der EU-Medizinprodukteverordnung (über)leben« im Fraunhofer-Forum Berlin begrüßen. Der Leiter des Leistungszentrums Prof. Theodor Doll beschrieb einleitend die Rolle und Bedeutung der Medizintechnik auch als branchenübergreifender Innovationsmotor, um daraufhin auf die Einschränkungen einzugehen, die die Branche durch die EU-Medizinprodukteverordnung erfährt. Die Entwicklung von einer Medizinproduktidee zum Produkt dauert etwa 10-15 Jahre. Diese ohnehin lange Entwicklungszeit verlängert sich voraussichtlich um wenigstens 2 Jahre durch die MDR.
Umsetzungen der MDR ähnlicher Regularien, wie beispielsweise der REACH-Verordnung in der Chemie, dauerten etwa 12 Jahre. Die Fristen, die nun für die Umsetzung der MDR vorgesehen sind, sind deutlich kürzer und erhöhen den Druck auf die Hersteller umso mehr. Auch der Vorsitzende der DGBMT, Vertreter von acatech und Leiter der HNO-Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover Prof. Thomas Lenarz äußerte sich besorgt. Er wies auf die Existenzbedrohung vieler KMU sowie die Gefahr einer folgenden Innovationsreduktion in der Medizintechnik hin. Insbesondere im Angesicht einer alternden Bevölkerung wird der Bedarf an Versorgung und individualisierten Therapien ständig steigen.
Als Experte für Regulatorik in der Medizintechnik gab Christoph Manegold von mdr-competence eine Übersicht zum aktuellen Umsetzungsstatus der Verordnung. Diese wird derzeit noch durch nationale Gruppen interpretiert, um Umsetzungsempfehlungen aussprechen zu können. Gleichzeitig müssen »Notified Bodies« neu akkreditiert werden – frühestens Mitte 2019 sei damit erst zu rechnen. Folglich können Hersteller frühestens zu diesem Zeitpunkt Konformitätsbewertungen durchführen.