Ansätze für neue Therapien im Kampf gegen Krebs

Hochkonzentriert blickt Dr. Bernhard Polzer durch das Mikroskop. Auf dem Objektträger liegen Zellen aus dem Knochenmark einer Brustkrebspatientin. Zwischen den farblosen Knochenmarkszellen sucht er gezielt nach gestreuten Tumorzellen, die er zuvor mit einem blauen Farbstoff markiert hat. Hat er eine blaue Zelle entdeckt, saugt er sie mit einer Glaskapillare auf und legt sie auf einen leeren Objektträger.
Es sind einzelne Zellen wie diese, die Krebspatienten umbringen können. Gestreute Tumorzellen, die im Knochenmark oder anderen Organen jahrelang schlummern und eines Tages Metastasen bilden, die schließlich zum Tod führen. Neun von zehn aller Krebstoten sterben nicht am Primärtumor, sondern an den Tochtergeschwülsten.
»Wir entwickeln spezielle Methoden, um einzelne gestreute Tumorzellen genetisch zu analysieren und sie gezielt zu bekämpfen«, erklärt Bernhard Polzer, stellvertretender Bereichsleiter im Forschungsbereich Personalisierte Tumortherapie des Fraunhofer-Instituts für Toxikologie und Experimentelle Medizin ITEM in Regensburg. Anhand der genetischen Daten will das 40-köpfige Forschungsteam Licht in den noch unverstandenen Prozess der Metastasen-Bildung bringen. Und Ansätze für neue Therapieformen finden.
Geleitet wird der Forschungsbereich von Professor Christoph Klein, der 2014 für seine Arbeiten mit dem Deutschen Krebspreis ausgezeichnet wurde. »Bei der Krebsentstehung greifen die Zellen auf Programme zurück, die in der Embryonalentwicklung wichtig sind«, erklärt Klein. »Wenn sich eine entartete Brustdrüsenzelle ablöst und über das Blut in das Knochenmark gelangt, versucht sie dort eine neue Brustdrüse zu bilden.« Es entsteht dabei aber keine Brustdrüse, sondern nur eine Wucherung, die das umliegende Organ zerstört.