Die Bedeutung inhalierter Aerosole für therapeutische Zwecke in der Medizin ist seit vielen Jahrzehnten anerkannt. Neben den klassischen Applikationen zur lokalen Therapie von obstruktiven Lungenkrankheiten wird zunehmendes Augenmerk auf die Behandlung von Lungeninfektionen und die Nutzung von Aerosolen für Impfzwecke gelegt. Darüber hinaus spielt die systemische Verabreichung von Wirkstoffen per Inhalation eine zunehmende Rolle. Die Medikamentendosierung über den Aerosolpfad ist im Vergleich zu anderen Applikationsarten (Tabletteneinnahme) herausfordernd, weil sie von den Parametern des Aerosols, der Atmung und dem aktuellen Gesundheitszustand des Patienten abhängig ist.
Angesichts der Bedeutung der Aerosoltherapie steht bereits eine breite Palette von stationären und mobilen Geräten zur inhalativen Applikation von pharmazeutischen Wirkstoffen über die Fest- oder Flüssigphase zur Verfügung, allerdings gibt es noch bedeutende Lücken. Die Wirkstoffmenge, die insbesondere bei pulverförmigen Arzneimitteln in akzeptabler Zeit inhalativ appliziert werden kann, ist limitiert; bei portablen Inhalationsgeräten < 50 mg pro Einzeldosis. Viele Medikamente sind aufgrund ihrer Unlöslichkeit in Wasser noch nicht zugänglich für eine kontinuierliche Gabe und für hohe Dosen. Ebenso ist die Verwendung von Pulverinhalatoren bei beatmeten Patienten sowohl für Erwachsene als auch für Kinder und Kleinkinder noch nicht Stand der Technik. Dadurch sind ganze Patientengruppen von der Behandlung mit bestimmten Medikamenten ausgeschlossen oder aber die Medikamentengabe ist mit wesentlichen Risiken verbunden. Ziel der Arbeiten am Fraunhofer ITEM ist es, die Lücken zu füllen und Risiken zu minimieren.
Eine Technologie zur Applikation hoher Dosen pulverförmiger Arzneimittel, wie sie zum Beispiel für die inhalative Behandlung von Lungeninfektionen oder bei Surfactantmangel benötigt werden, wird sowohl die Anwendungsmöglichkeit von Surfactantformulierungen als auch weiterer nichtlöslicher Arzneimittel deutlich erweitern oder sogar erst ermöglichen. Dies gilt sowohl für beatmete als auch spontan atmende Patienten.
Einen erheblichen medizinischen Bedarf stellt die inhalative Applikation aerosolisierter Wirkstoffe bei (Klein-)Kindern und Frühgeborenen dar. Ein weiterer, nicht zufriedenstellend bedienter Bedarf ist die lokale Behandlung von Lungeninfektionen mit Antibiotika insbesondere auch bei beatmeten Patienten. Das Fraunhofer ITEM arbeitet an der Entwicklung von Trockenpulverapplikationssystemen für Erwachsene und Frühgeborene und deren Prüfung, um diese Lücke zu füllen. Dazu greifen wir auf über 30-jährige Erfahrung auf dem Gebiet der Aerosoltechnologie und Anwendung am Menschen zurück. Die verwendeten Messverfahren umfassen sowohl die klassische Aerosolmesstechnik als auch spezielle Messtechnik zur Charakterisierung von Inhalatoren. Methoden der Strömungsmechanik und Thermodynamik runden das Instrumentarium ab.