Die SARS-CoV-2-Pandemie führte uns deutlich vor Augen, wie schwerwiegend respiratorische Infektionen die Gesundheit der Bevölkerung beeinflussen können. Die Fraunhofer-Forschungsgruppe »Infektion und Immunologie« führt verschiedene Projekte durch, um die Wirksamkeit einzigartiger Wirkstoffkandidaten gegen virale und bakterielle respiratorische Infektionen zu untersuchen. Im vergangenen Jahr konnte sie erfolgreich neue antivirale Wirkstoffkandidaten entwickeln und testen.
In Zusammenarbeit haben Forschende am Fraunhofer ITEM und an der Medizinischen Hochschule Hannover einen innovativen Ansatz verfolgt: Gemeinsam entwickelten sie einen RNA-basierten Wirkstoff gegen das humane Parainfluenza-Virus (HPIV3) und konnten diesen auch erfolgreich präklinisch testen. Zunächst identifizierten sie potenziell wirksame RNA-Kandidaten in Zellkulturmodellen. In einem In-vitro-Ansatz konnten die Forschenden eine signifikante Verringerung der Viruslast in HPIV3-infizierten LLC-MK2-Zellen durch einige dieser Kandidaten nachweisen. Der aussichtsreichste Kandidat zeigte ebenfalls eine Wirksamkeit in einem komplexeren, humanen Gewebesystem: den humanen Lungenpräzisionsschnitten (Precision-Cut Lung Slices, PCLS). Um die lokale Wirksamkeit am Ort der Infektion zu erhöhen, wurde eine RNA-Formulierung speziell für die inhalative Verabreichung entwickelt. Hierfür wurde die RNA in Lipid-Nanopartikel (LNP) verpackt und verschiedene LNP-Formulierungen nach inhalativer Verabreichung in der isoliert perfundierten Rattenlunge getestet. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen (SPRIND) hat das Projekt im Rahmen eines nationalen Forschungswettbewerbs gefördert.
Da die Wirksamkeitstestung für eine klinische Entwicklung eines Medikaments im Tiermodell erfolgen muss, entwickelten die Forschenden am Fraunhofer ITEM ein Infektionsmodell in der Baumwollratte. Im Einklang mit den Prinzipien der 3R (3R steht für Reduzieren, Verbessern, Ersetzen von Tierversuchen) wurden zunächst PCLS von Baumwollratten generiert und entsprechend den humanen PCLS behandelt. Dabei konnte eine erfolgreiche Reduktion der Viruslast beobachtet werden, sodass erstmals Baumwollratten inhalativ mit LNP-verpackter RNA behandelt werden konnten. Weitere Entwicklungsschritte umfassen u. a. toxikologische Prüfungen.
Auch in einem anderen Projekt geht es um eine inhalative Therapie gegen virale Infektionserreger. Gemeinsam mit der Firma OM Pharma untersuchten Fraunhofer-Forschende die immunologische Reaktion von Virus-infizierten und nicht infizierten murinen PCLS oder humanen Zellen nach der Behandlung mit dem Wirkstoff OM-85 ex vivo und in vitro. Der Wirkstoff wurde ebenfalls in der isoliert perfundierten Lunge nach inhalativer Verabreichung getestet. Dies ermöglichte es, die nächsten Schritte in Richtung einer inhalativen Therapie mit OM-85 zu planen.