Bioinformatik und Mathematische Krankheitsmodellierung

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In der Tumorforschung und klinischen Onkologie werden klinische Daten zunehmend durch hochdimensionale molekulare Daten, sogenannte Multi-Omics-Daten, ergänzt. Dadurch ist es möglich, individuelle Krankheitsverläufe umfassender zu charakterisieren und verschiedene Behandlungsoptionen besser auf die Patientinnen und Patienten abzustimmen. Darüber hinaus ist es vorteilhaft, diese Informationen mit Daten zur Hochdurchsatztestung von Medikamenten sowie Bildgebungsdaten zusammenzuführen und gemeinsam zu analysieren – eine der großen Herausforderungen der modernen Medizin.

Der Bereich Personalisierte Tumortherapie des Fraunhofer ITEM ist darauf spezialisiert, einzelne disseminierte Tumorzellen zu analysieren. Daraus ergeben sich bioinformatische Herausforderungen, deren Lösung in der Regel die Entwicklung unserer eigenen Analyse-Pipelines und Methoden einschließt. Wir haben Softwareanwendungen für die medizinische Forschung und Diagnostik entwickelt, wovon eine bereits im Laboralltag routinemäßig eingesetzt wird. Gesetzliche Vorgaben zu Datenschutz und Datensicherheit spielen eine wesentliche Rolle und werden bei unseren Projekten auf allen Ebenen der Datenverarbeitung erfüllt.

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Therapierelevante Mutationen auslesen

Der Nachweis bestimmter Mutationen in krebsassoziierten Genen ist Voraussetzung für die Auswahl vieler zielgerichteter Therapien. Der von der FDA für Gewebeproben zugelassene »MSK-IMPACT« Assay detektiert mehr als 400 krebsassoziierte Gene und bietet damit ein wertvolles Hilfsmittel zur Therapieentscheidung.

Disseminierte und zirkulierende Tumorzellen sind die Ursprungszellen von Metastasen und unterscheiden sich oft deutlich von Zellen des Primärtumors. Entsprechend ist es für Diagnostik und Monitoring des Krankheitsverlaufs wichtig, einzelne Zellen zu isolieren und auf Mutationen zu prüfen. Da dies mit dem ursprünglichen IMPACT Assay nicht möglich ist, haben wir am Fraunhofer ITEM in Regensburg zusammen mit der Universität Regensburg die Labor- und Bioinformatikmethoden für Einzelzellen angepasst und zudem um zusätzliche Zielgene und pharmakogenetische Marker erweitert.

Zelltyp und -status bestimmen

Mit Hilfe von Genexpressionsprofilen lassen sich Typ und Zustand einer Zelle beschreiben. Mit Kenntnis der daraus abgeleiteten relativen Aktivität von Signalwegen lassen sich außerdem Einblicke in die molekularen Mechanismen gewinnen, die dem individuellen Krankheitsverlauf oder der Wirkung von Medikamenten zugrunde liegen. Dementsprechend ist die Analyse der Genexpression ein wichtiges Verfahren bei der Entwicklung personalisierter Tumortherapien. Um eine aussagekräftige Auswertung von RNA-Sequenzierungsdaten zu erzielen, steht uns ein breites Spektrum an spezialisierten bioinformatischen Methoden zur Verfügung. Insbesondere bringen die experimentellen Bedingungen der Einzelzellanalytik spezielle Anforderungen an die Datenanalyse mit sich, die Standardverfahren oft nicht abdecken und deshalb individuell berücksichtigt werden müssen.

Bildanalyse von Mikroskopiedaten in 2D und 3D

Für die medizinische Forschung ist die Auswertung von Mikroskopiebildern essenziell, um den Phänotyp, die Vermehrungs- oder Sterberate sowie das Migrationsverhalten von Zellen zu charakterisieren. Wir analysieren Daten der Hellfeld- und Fluoreszenz-Bildgebung von Zellkulturen in 2D und 3D, wie sie beispielsweise unsere High Throughput / High Content Screening Einheit erhebt. Dies schließt auch das sogenannte Cell Painting ein. Dieses Verfahren liefert eine detaillierte Beschreibung des zellulären Phänotyps und erlaubt uns bereits kleine Veränderungen zu erkennen, die durch geringe Dosen toxischer Substanzen oder aussichtsreiche Wirkstoffkandidaten hervorgerufen werden. Ein weiterer Schwerpunkt ist die detaillierte Verfolgung von Zellen in Videosequenzen (Cell Tracking) zur Analyse des  Zellverhaltens, die hilft, für Therapieentscheidungen wichtige Tumormerkmale aufzudecken.

Abgestimmt auf die individuellen Projektanforderungen implementieren wir Bildverarbeitungs-Pipelines, die sowohl klassische als auch moderne Verfahren wie Neuronale Netze nutzen, die Ergebnisqualität automatisiert bewerten und die verschiedenen aus den Bildern extrahierten Eigenschaften interaktiv auswerten.

Tumorzellen erkennen und deren Evolution vorhersagen

Beim Tumorwachstum wird das instabile Genom der Tumorzellen laufend verändert. Nachgewiesene DNA-Kopienzahlvariationen (CNV) gelten daher als molekularer Indikator für die Bösartigkeit der Zellen und ermöglichen in vielen Fällen bereits eine Einschätzung der Prognose und des Therapieansprechens.

Unser vollständig automatisierter und reproduzierbarer CNV-Workflow umfasst sowohl ausgiebige Qualitätskontrollen als auch aussagekräftige graphische und tabellarische Darstellungen der CNV-Profile. Wir führen Analysen aus, die auf eigens generierten Daten (z.B. Low Pass Sequenzierung) sowie auf Daten aus unserer Panel-Sequenzierung basieren und an die Anforderungen unserer Kunden angepasst werden können.

Kenntnisse über die Evolution des Tumorgenoms sind von therapeutischem Interesse, speziell in Hinblick auf Prognose, Resistenzbildung und die Entwicklung zielgerichteter Therapien. CNV-basierte Tumorzell Phylogenien (Stammbäume) sind hierbei ein essenzielles Hilfsmittel. Da aktuelle molekularbiologische Methoden zu DNA-Kopienanzahlen nicht exakt quantitativ sind, müssen sowohl die relativen als auch die absoluten (tatsächlichen) Kopienanzahlen aus den Messdaten rekonstruiert werden.

Wir haben hierfür eine neue statistisch fundierte Methode entwickelt, die auch bei geringer Datenqualität funktioniert. Unser Ansatz kann mit existierenden Methoden für komplementäre molekulare Daten, wie Mutationen und sogenannte Tandem Repeats, verglichen oder ergänzt werden.

Methoden- und Softwareentwicklung

Auf Grundlage unserer jahrelangen Erfahrung in Bioinformatik, Datenanalyse und Modellierung bieten wir Ihnen Entwicklung oder Anpassung mathematischer und bioinformatischer Methoden sowie die Realisierung von Softwarelösungen im Rahmen gemeinsamer FuE-Projekte. Unsere Kernkompetenzen liegen in der Analyse molekularer Daten (sogenannter Multi-Omics-Daten) in der Medizin, Bildanalyse, Datenintegration, Biostatistik, Maschinellem Lernen und KI. Darüber hinaus sind wir offen für weitere Applikationsfelder wie Spatial-Omics, Nanopore Sequenzierung oder Big Data Sharing und zukunftsorientierte Technologien wie beispielsweise Quantencomputing und föderiertem Lernen. Wir bieten Ihnen auch die Möglichkeit, diese im Verbund mit unseren Fraunhofer Partner-Instituten, die auf diese Forschungsgebiete spezialisiert sind, zu bearbeiten.

Kontakt

Jens  Warfsmann

Contact Press / Media

Dr. Jens Warfsmann

Arbeitsgruppenleiter Bioinformatik und Datenmanagement

Telefon +49 941 298480-28

Martin Hoffmann

Contact Press / Media

Dr. Martin Hoffmann

Arbeitsgruppenleiter Mathematische Krankheitsmodellierung

Telefon +49 941 298480-28

Christopher Jakobs

Contact Press / Media

Dr. Christopher Jakobs

Business Development Personalisierte Tumortherapie

Telefon +49 152 28220636