Für ein besseres Verständnis der Kabinenluftqualität

Innenraumluftqualität im Zusammenhang mit der Gesundheit und Sicherheit von Fluggästen und Besatzungsmitgliedern

Cabin air quality assessment of long-term effects of contaminants
© Sven Schuchardt

Die Qualität der Luft, die Passagiere und Crew-Mitglieder an Bord von Flugzeugen des kommerziellen Luftverkehrs einatmen, ist seit 60 Jahren ein zentraler Diskussionspunkt, sowohl im Hinblick auf die Gesundheit als auch auf die Sicherheit. Bei den Diskussionen über die Luftqualität in der Kabine und im Cockpit (kurz CAQ für engl. »cabin/cockpit air quality«) geht es vor allem um einzelne Ereignisse, bei denen die Kabinen- bzw. Cockpit-Luft verunreinigt wird (kurz CAC für engl. »cabin/cockpit air contamination«), – z. B. durch eventuellen Schmieröleintrag  – sowie um die üblicherweise vorherrschende Raumluftqualität in Cockpit und Kabine unter normalen Betriebsbedingungen.

Mehrere Gruppen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern haben diverse Untersuchungen und Forschungsprojekte durchgeführt, auch mit flugbegleitenden Messungen. Dennoch ist es bislang nicht gelungen, die chemischen Verbindungen, die bei CAC-Ereignissen auftreten, vollständig zu charakterisieren, die Herkunft der Schadstoffe und Expositionsmengen zu bestimmen und eine umfassende toxikologische Risikobewertung für solche Ereignisse durchzuführen.

Mit Unterstützung der Europäischen Kommission hat die EASA das neue Forschungsprojekt »Cabin air quality assessment of long-term effects of contaminants« (Bewertung der Kabinenluftqualität im Hinblick auf Langzeitwirkungen von Schadstoffen) ins Leben gerufen. Ziel ist es, zusätzliche wissenschaftlich fundierte Daten über CAC-Ereignisse zu gewinnen, um die Grundlage für eine umfassendere Bewertung von Gesundheitsrisiken zu schaffen und die Entwicklung von Luftfahrtstandards in diesem Bereich zu unterstützen.

Die Notwendigkeit zusätzlicher wissenschaftlicher Nachweise und deren Umfang wurden gemeinsam mit den dort aktiv beteiligten Interessengruppen auf dem EASA-Workshop 2020 (zur englischsprachigen Webseite des Workshops) ermittelt.

Unser Ansatz

Das CAQ-III-Projekt verfolgt das Ziel, die vorhandenen Wissenslücken bei der Bewertung des Gesundheitsrisikos von Schmieröleinträgen in die Flugzeugkabinenluft – sogenannte »fume events« – mithilfe eines verlässlichen, effizienten und kostengünstigen Ansatzes so weit wie möglich zu schließen, indem Kompetenzen und Know-how aus allen relevanten Fachbereichen und Interessengruppen zusammengeführt werden. CAQ III wird Forschende, Regulierungsbehörden und Sicherheitsfachleute aus der Industrie zusammenbringen, um die bestehenden Unsicherheiten bei der Risikobewertung zu verringern und deren praktische Anwendbarkeit unter Berücksichtigung der behördlichen Vorgaben zu verbessern. Darüber hinaus werden die Projektpartner neue Risikominderungsstrategien entwickeln, um Passagiere und Besatzungsmitglieder in Verkehrsflugzeugen besser vor potenziellen Schadstoffen zu schützen.

Ziel des Projekts ist eine umfassende physikalisch-chemische Charakterisierung der Substanzen, die durch ungewollten Schmieröleintrag aus Triebwerken oder Hilfsturbinen in die Kabine oder bei der Ablösung von Belägen entstehen, sowie der Auswirkungen dieser Stoffe auf die Luftqualität in der Kabine. Diese Charakterisierung soll durch eine Reihe von Messungen in kontrollierten Umgebungen erfolgen, welche die Bedingungen im realen Flugbetrieb abbilden.

Anhand der gemessenen Partikel und Gase, ihrer Menge, der Partikeltypen und -eigenschaften, der Zusammensetzung und des Verhältnisses zwischen Gas- und Aerosolpartikelphase wird es möglich sein, toxikologisch relevante Gefahren zu erkennen und eine Expositionsabschätzung für Besatzungsmitglieder und Passagiere vorzunehmen.

© Fraunhofer ITEM, Ralf Mohr

Projektpartner bündeln aktuelles Know-how

CAQ III ist ein führendes Projekt zum Thema der toxikologischen Auswirkungen von ungewolltem Schmieröleintrag auf die Kabinenluftqualität und der künftigen Risikobewertung.

Deswegen tragen wir Sorge für wissenschaftliche Exzellenz und regulatorische Relevanz, indem wir führende Experten aus Hochschulen, Forschungseinrichtungen und großen Industrieunternehmen hinzuziehen. Die Projektpartner vereinen neuestes Fachwissen in den Bereichen Humantoxikologie, Expositionsabschätzung, Molekularbiologie, analytische Chemie, Biostatistik, Luftfahrttechnik und chemische Risikobewertung sowie Expertise in Management und Öffentlichkeitsarbeit.

Das Projekt CAQ III bündelt erstklassiges Know-how für die geplanten systematischen Studien zu gesundheitlichen Auswirkungen von schmierölbedingten »fume events«: inhalationstoxikologische Prüfungen nach dem aktuellen Stand der Technik (RIVM), neurotoxikologische Analysen und Biomonitoring (HMGU, RIVM, NFA, InstPharmToxBw, Fraunhofer ITEM) sowie metabolomische Analyse (Fraunhofer ITEM). Des Weiteren soll CAQ III möglichst umfassend Einfluss nehmen auf die Bewertung der Kabinenluftqualität und somit in den Aufgabenbereichen der maßgeblichen europäischen Regulierungsbehörden agieren. 

Das Fraunhofer ITEM hat bereits die beiden Vorgängerprojekte bearbeitet (CAQ I und CAQ II).

Cabin Air Quality III – Projektstruktur

© Fraunhofer ITEM

Beschreibung der Arbeitspakete

Toxikologie und Bestimmung von Gefahren für die Gesundheit

Verantwortlich: NFA (Dänemark) Arbeitspaket 1 umfasst die folgenden Aufgaben: a) Literaturrecherche zu Schadstoffen und deren gemessenen Konzentrationen in der Kabinenluft und Vergleich mit Messwerten aus den simulierten CAC-Ereignissen zwecks Auswahl von Schadstoffen für weitere Untersuchungen. b) Literaturrecherche in offenen Publikationen zur Gesundheitsgefährdung durch die Hauptschadstoffe, mit besonderem Schwerpunkt auf Symptomen, die von Flugpersonal oder Passagieren im Zusammenhang mit wahrgenommenen Verunreinigungen der Kabinenluft angegeben wurden. c) Bestimmung der von den ausgewählten Schadstoffen ausgehenden Gefahren anhand der gesammelten Literatur. d) Ermittlung von Lücken in der toxikologischen Literatur. e) Erarbeitung von Empfehlungen für eine vollständige toxikologische Risikobewertung (mit Schwerpunkt auf von Flugpersonal und Passagieren angegebenen Symptomen).

Simulation von CAC-Ereignissen und chemische Charakterisierung

Verantwortlich: Fraunhofer IBP (Deutschland) In Arbeitspaket 2 werden wir kontrollierte und realitätsnahe Verunreinigungssituationen mit Schmieröleintrag über das Triebwerkszapfluftsystem nachstellen, um die Zusammensetzung der Dämpfe durch detaillierte physikalisch-chemische Online- und Offline-Analysen umfassend zu charakterisieren. Standardisierte Versuche mit kontrollierter Exposition für die toxikologische Bewertung werden in Arbeitspaket 3 durchgeführt. Wir werden nach einem definierten Protokoll HEPA-Filter beladen, um diese in Arbeitspaket 4 mit HEPA-Filtern aus Flugzeugen im realen Flugbetrieb zu vergleichen. Dies wird mithilfe eines sogenannten Bleed Air Contamination Simulators (BACS) realisiert, der das Luftzufuhrsystem eines Flugzeugs von der Entlüftungsöffnung mit hohen Druck- und Temperaturbedingungen bis zur Kabine mit mehr oder weniger normalen Raumluftbedingungen nachbildet, um sicherzustellen, dass die kontrollierte Schmierölkontamination über den gesamten zurückgelegten Weg ähnliche Ausdehnungs- und Abkühlungsschritte durchläuft.

Toxizitätsprüfung und Biomonitoring

Verantwortlich: RIVM (Niederlande), HMGU (Deutschland) Wir werden uns mit der Frage befassen, ob neurotoxische Wirkungen durch Einatmen von Verunreinigungen, die über das Triebwerkszapfluftsystem in die Kabine gelangt sind, plausibel sind. Wir werden diese Wirkungen an Nagetieren untersuchen, die dafür 4 Wochen lang gegenüber Luft exponiert werden, welche in verschiedenen Konzentrationen mit Pyrolysaten des in Verkehrsflugzeugen am häufigsten verwendeten Motoröls verunreinigt ist. Die Tests zur Bewertung einer möglichen Neurotoxizität der Dämpfe in Konzentrationen, die nicht zu ausgeprägten Wirkungen in der Lunge führen, beinhalten auch eine Reihe von neurologischen Verhaltenstests (z. B. Tests zu sensorischen, emotionalen und kognitiven Beeinträchtigungen). Darüber hinaus werden wir Biomarker-Analysen im Blut sowie histopathologische Bewertungen von Lunge und Hirn durchführen. Die Haltung und Nutzung von Tieren zu wissenschaftlichen Zwecken erfolgt nach den Grundsätzen der Ethik und des Tierschutzes und unter Beachtung der 3R-Prinzipien (engl. »reduce«, »replace« und »refine«, d. h. Tierversuche reduzieren, verfeinern und wann immer möglich ersetzen).

HEPA-Filter, Test im Flugzeug am Boden und Probenahme im Klimatisierungssystem

Verantwortlich: Fraunhofer ITEM (Deutschland) Arbeitspaket 4 beinhaltet die vollständige Analytik der HEPA-Filter und -Komponenten aus dem Klimatisierungssystem, die nach dem Einsatz im realen Flugbetrieb eingesammelt werden (Feldstudie), sowie der Proben aus einem Test im Flugzeug am Boden und aus dem BACS (siehe Arbeitspaket 2). Dafür werden alle relevanten Methoden und Standards bewertet und gegebenenfalls etabliert und/oder validiert. Auf der Grundlage dieser Analyse wird es möglich sein, eventuelle Kontaminationsmuster nach Schmieröleinträgen zu bestimmen.

Beratung mit Wissenschaft und Interessengruppen und Verbreitung der Ergebnisse

Verantwortlich: all zuvor Genannten In Arbeitspaket 5 werden wir über alle Ergebnisse aus dem Projekt CAQ III und deren Anwendung im Rahmen einer maßgeschneiderten Kommunikationsstrategie intern und extern informieren. Arbeitspaket 5 wird Schnittstellen für die Verbreitung der Ergebnisse bereitstellen sowie Diskussionen und den fachlichen Austausch zwischen dem Konsortium und allen relevanten Interessengruppen fördern. Mit Arbeitspaket 5 wird sichergestellt, dass sämtliche Zielgruppen mit den geeignetsten und modernsten Verbreitungs- und Kommunikationsstrategien gut über den Projektfortschritt und die Folgen für die Sicherheitsbewertung informiert werden.

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