Mehrzellige Organismen, Organe und Gewebe enthalten viele verschiedene Arten von Zellen, die in vielfältiger Weise miteinander interagieren. Genaue Kenntnisse der gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen verschiedenen Zellen sind nötig, um jedem Zelltyp seine Rolle in physiologischen und pathophysiologischen Vorgängen zuordnen zu können. Gesunde Zellen funktionieren mit wenigen Ausnahmen auf der Grundlage des gleichen Genoms.
Bei Krebszellen hingegen kommt es sehr häufig zu genetischen Variationen, wodurch jede Krebszelle genetisch einzigartig wird. Eine umfassende Analyse des Erbguts einzelner Krebszellen ist daher wesentlich, um die Entstehung und das weitere Voranschreiten systemischer Krebserkrankungen umfassend zu verstehen. Außerdem verändern sich die genetischen Eigenschaften von Krebszellen im Verlauf der Krankheit auch, sodass deren Genom wiederholt analysiert werden muss, insbesondere nach chirurgischer Entfernung des Primärtumors, jedoch vor dem Auftreten von Metastasen in anderen Körperregionen. Während dieser Phase des Krankheitsgeschehens lassen sich nur sehr wenige Krebszellen (zirkulierende Tumorzellen im Blut oder gestreute Krebszellen, die in andere Organe wie Lymphknoten, Knochenmark oder Liquor eingewandert sind) finden und isolieren. Diese seltenen Zellen bieten jedoch die Möglichkeit, therapeutisch relevante Mutationen zu identifizieren und maßgeschneiderte Therapien für Patienten auszuwählen, um dadurch frühzeitig eine systemische Ausbreitung der Krankheit zu verhindern.
Der Bereich des Fraunhofer ITEM in Regensburg entwickelt hochmoderne Next-Generation-Sequencing-Technologien einschließlich darauf abgestimmter Qualitätskontroll-Assays, um die umfangreichen genetischen Informationen von Einzelzellen zuverlässig analysieren zu können. Daraus ergeben sich nicht nur neue Möglichkeiten für die molekulare Diagnostik in der Präzisionsonkologie, sondern auch für die Erforschung pathophysiologischer Prozesse, die von seltenen Zellen gesteuert werden.