Innovation für Frühgeborene: die nächste Generation der inhalativen Therapie

Herausforderungen in der Versorgung von Frühgeborenen

Die am Fraunhofer ITEM patentierte Technologie »Inhale+« soll Frühgeborenen mit einem schweren Atemnotsyndrom helfen.
© Fraunhofer ITEM
Frühgeborene mit einem schweren Atemnotsyndrom benötigen frühzeitig eine wirksame Behandlung. Diese erfolgt traditionell systemisch und invasiv und belastet die kleinen Patienten. Die am Fraunhofer ITEM patentierte Technologie »Inhale+« soll das ändern.

In der heutigen medizinischen Landschaft steht die Versorgung von Frühgeborenen vor großen Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf Atemwegserkrankungen und Lungenschäden. Weltweite Statistiken zeigen, dass jedes Jahr etwa 14,8 Millionen Babys zu früh geboren werden, von denen etwa 34 Prozent an schweren Atemwegserkrankungen leiden. Besonders schwerwiegend ist dieses Problem bei extremen Frühgeburten (vor der 23. Schwangerschaftswoche), wobei Studien aus den USA eine Sterblichkeitsrate von bis zu 43 Prozent belegen.

Es ist bekannt, dass eine frühzeitige systemische Verabreichung von Kortikosteroiden (vor dem 7. postnatalen Tag) das Auftreten von bronchopulmonaler Dysplasie (BPD) und die Sterblichkeit verringert. Diese Art der Verabreichung ist jedoch mit einem erhöhten Risiko für Hyperglykämie, Bluthochdruck, gastrointestinalen Blutungen, gastrointestinalen Perforationen und Wachstumsstörungen verbunden. Der Zusammenhang zwischen der frühen (<7 Lebenstage) systemischen Verabreichung von Kortikosteroiden und ihren negativen Auswirkungen auf die neurologische Entwicklung hat letztlich zu einer Verringerung des Einsatzes von Kortikosteroiden bei beatmeten Frühgeborenen geführt.

Eine Alternative zur systemischen Verabreichung ist die frühe, lokale Verabreichung durch Inhalation direkt in die Lunge. Es ist hinreichend belegt, dass die lokale Inhalation, wenn sie effizient ist, grundsätzlich erfolgreich sein kann und die Inzidenz von BPD und Mortalität ohne die damit verbundenen systemischen Nebenwirkungen reduziert.

Innovative Inhalationstechnologie und ihre Vorteile

Die Einführung der am Fraunhofer ITEM unter der Leitung von Herrn Dr. Gerhard Pohlmann entwickelten und patentierten Technologien zur nicht-invasiven Inhalationstherapie bieten eine sanfte und effektive Behandlungsmöglichkeit für die unreifen Lungen von Frühgeborenen. Durch sie wird eine einzigartige alternative Methode ermöglicht, die eine sehr frühe, präventive Behandlung von Atemwegserkrankungen erlaubt und so dazu beiträgt, Lungen- und Langzeitschäden zu verhindern sowie die Sterblichkeitsrate zu senken. Diese Technologie eröffnet erhebliche Vorteile gegenüber der derzeitigen Praxis der invasiven, intravenösen Medikamentenverabreichung, die häufig mit schweren Nebenwirkungen verbunden ist.

 

Die entwickelte Technologie revolutioniert die Effizienz der Inhalationstherapie bei Frühgeborenen, indem sie eine präzise und ausreichend hohe Medikamentendosierung während der Atemunterstützung ermöglicht, die unabhängig von der Einstellung des Beatmungsgeräts universell einsetzbar ist. Das Kernprodukt dieser Technologie erreicht bereits Wirkungsgrade, die die Wirksamkeitsschwelle für die pulmonale Anwendung vieler Medikamente, insbesondere von Kortikosteroiden, erreicht. Weitere Effizienzsteigerungen durch atemsynchrone Wirkstofffreisetzung sind in der Entwicklung.

Effizienzsteigerung der inhalierten Dosis im Vergleich Inhalativer Standard und Inhale+
© Fraunhofer ITEM
Die Effizienzsteigerung der inhalierten Dosis durch die innovative Technologie wurde erfolgreich mit einem, aus dem EU Horizon 2020 Projekt MDOT heraus entwickelten Frühgeborenen-Prüfstand [1], gemessen. Der Prüfstand simuliert realitätsnahen Atemprofile Frühgeborener. Folgende Parameter wurden verwendet: 50 Atemzüge/min; Tidalvolumen 8 ml; Verhältnis Einatmung: Ausatmung 1:1,5; CPAP 6 L/min; PEEP: 5 mbar.

Ausblick und Transfer

© Marco Buehl
Herr Dr. Wiegandt diskutiert mit Herrn Dr. Habeck, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, über die Herausforderungen bei der Gründung neuer Unternehmen und die politischen Rahmenbedingungen im Rahmen der Life Science Factory in Göttingen am 30.04.2024

Im Rahmen der Behandlung von Frühgeborenen mit Atemwegserkrankungen könnte die innovative Technologie einen neuen Standard in der neonatalen Versorgung setzen. Daher wird die Technologie in der Inhale+ GmbH ausgegründet, um diese zur Marktreife zu bringen.

Potenziale zur Weiterentwicklung der Technologie bestehen in der Skalierbarkeit der Technologie für weitere Applikationen auch bei Erwachsenen. In diesem Zusammenhang bieten additive Fertigungsverfahren flexible Anpassungsmöglichkeiten für die individualisierte Herstellung von Therapiezubehör.

Im Zuge der Ausgründungsbestrebungen wurden bereits viele Erfolge verbucht:

  • The Drug Delivery to the Lungs Conference: Best Industry Poster Award
  • Hannover Impuls Future Health Lab (Inkubator)
  • Fraunhofer AHEAD Phase I + II (Accelerator), AHEAD Pitch Night Award (2x)
  • ELSA (Entrepreneurial LifeScience Accelerator), ELSA Pitch Bowl Award
  • Wegbereiter Preis des Börsenclubs Hannover
  • sowie eine Diskussion mit dem Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Herrn Dr. Robert Habeck zur Startup-Landschaft im Rahmen der Life Science Factory in Göttingen. 

Leistungszentrum Medizin- und Pharmatechnologie

Der Transfer in die Anwendung wird u.a. durch das Leistungszentrum Medizin- und Pharmatechnologie der Fraunhofer-Gesellschaft begleitet. Das Leistungszentrum verbindet die Fraunhofer- Einrichtungen in Hannover, in Braunschweig und Lübeck. Es kombiniert die Expertisen in den Forschungsschwerpunkten Implantat- und Inhalationstechnologie sowie Pharmaverfahrenstechnik und schafft als Innovationslotse ideale Voraussetzungen für die Beschleunigung und regionenübergreifende Begleitung von der Idee bis zur Patientenanwendung.

 

Ihre Ansprechpartner am Fraunhofer ITEM

Gerhard Pohlmann

Contact Press / Media

Dr. Gerhard Pohlmann

Bereichsleiter Translationale Medizintechnik

Telefon +49 511 5350-116

Ulrich Froriep

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Dr. Ulrich Froriep

Stellvertretender Bereichsleiter Translationale Medizintechnik

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