Langjähriger Leiter Inhalationstoxikologie
»Ich fand es spannend, bei wichtigen Studien mitzuwirken, die wirklich helfen, die Gefahren durch Substanzen einzuordnen und schließlich das Gesundheitsrisiko für den Menschen zu minimieren«, sagt Dr. Otto Creutzenberg. Er leitet die Abteilung Inhalationstoxikologie und hat zahlreiche toxikologische Studien begleitet und auch geleitet. Die Ergebnisse sind in die Ableitung von Grenzwerten durch die Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe, die sogenannte MAK-Kommission, eingeflossen und tragen so zum sicheren Umgang mit den jeweiligen Substanzen am Arbeitsplatz bei.
Am Fraunhofer-Institut in Hannover – seinerzeit noch ITA, heute ITEM – hat der Chemiker 1985 direkt nach seiner Promotion sein erstes Projekt in der Arbeitsgruppe von Prof. Muhle begonnen: eine Studie zur Lungentoxizität von Tonern. In dem großen Industrieprojekt mit einem Auftragsvolumen von acht Millionen D-Mark ging es darum, zu klären, ob Tonerstäube und -partikel ein ähnliches gesundheitliches Risiko für die Beschäftigten darstellen, wie es bereits von Dieselabgasen und Stäuben aus dem Bergbau bekannt war.
Bereits in seinem Studium an der Universität Münster belegte Dr. Creutzenberg Kurse in Toxikologie und promovierte im Fach Biochemie, das vielseitiger war als die chemische Synthese von Stoffen. Er hat sich schon immer eher für das Lebende interessiert als für die reine Stoffkunde. Richtiges Neuland betrat der Toxikologe Anfang der 2000er Jahre mit dem Fraunhofer-Team. Die industrielle Fertigung von Nanomaterialien erlebte seinerzeit einen regelrechten Boom. Denn es reichten kleinste Mengen dieser Materialien, um die gewünschten Wirkungen zu erzielen. Außerdem hatten sie besondere, neue Eigenschaften und Funktionen und eigneten sich für unterschiedlichste Anwendungen. Allerdings war noch unbekannt, ob Nanomaterialien gegenüber den klassischen Mikrostäuben potenziell gefährlicher für Mensch und Umwelt sind. »Das Potenzial dazu haben sie jedenfalls: wegen ihrer besonderen Eigenschaften, also ihrer Winzigkeit, ihrer großen spezifischen Oberfläche und ihrer teils hohen Reaktivität – und auch, weil sie in so großer Vielfalt und hohen Volumen hergestellt und angewendet werden«, erklärt Dr. Creutzenberg.
Er hat im Laufe der Zeit unterschiedliche Nano-Projekte bearbeitet, zum Beispiel zu Kohlenstoff-Nanoröhren, sogenannten Nanotubes, die im Verdacht stehen, aufgrund ihrer Länge und ihrer faserartigen Struktur ein ähnlich toxisches Potenzial zu haben wie Asbestfasern. In einem anderen Projekt ging es darum, zu prüfen, ob die zu der Zeit gültigen OECD-Richtlinien für Mikrostäube auch auf Nanopartikel, beispielsweise amorphes Siliziumdioxid und Partikel von Zinkoxid, anwendbar sind oder erweitert werden mussten. Außerdem etablierte er gemeinsam mit anderen ITEMArbeitsgruppen Modelle, um die toxische Wirkung von modifizierten und gut charakterisierten KohlenstoffNanopartikeln (z. B. Graphenen) in den Atemwegen und der Lunge zu überprüfen – von der einfachen Zellkultur über Gewebekultur-Modelle bis hin zur Überprüfung im Tiermodell.
Das System Fraunhofer fand Dr. Creutzenberg immer schon spannend: »Als Forscher kann ich sehr frei arbeiten und es ist spannend, einen Weg für die Realisierung und Finanzierung der Projekte zu finden.« Den hat der Wissenschaftler auch immer gefunden, selbst wenn er dafür um die halbe Welt reisen musste, um Kunden aus Japan zu gewinnen. Die Erfahrungen, die er dabei machen durfte, beeindrucken ihn noch heute.